Highlights der Physik

Teilchenbeschleuniger sind die hellsten Röntgenlichtquellen der Welt. Am Forschungszentrum DESY in Hamburg nutzen Tausende Wissenschaftler:innen aus über 45 Nationen die hochbrillante Synchrotronlichtquelle PETRA III als Super-Mikroskop für Einblicke in die Nanowelt.

DESYs Teilchenbeschleuniger sind Super-Mikroskope für die Nanowelt. Der Ringbeschleuniger PETRA III ist eine der besten Synchrotronlichtquellen der Welt, der Freie-Elektronen-Laser FLASH der erste seiner Art.

Synchrotronlicht ist elektromagnetische Strahlung. Seine Wellenlängen reichen vom Infrarot über den sichtbaren und ultravioletten Bereich bis zu kurzwelliger Röntgenstrahlung. Je kürzer die Wellenlänge des Lichts ist, desto kleinere Strukturen kann man damit auflösen.

Röntgenlicht aus dem Teilchenbeschleuniger

Lenkt man fast lichtschnelle Elektronen in Teilchenbeschleunigern mit Magneten ab, entsteht ein breites Spektrum hochintensiven und stark gebündelten Röntgenlichts – die sogenannte Synchrotronstrahlung. Intensität und Bündelung lassen sich mithilfe spezieller Undulatormagneten verstärken. An PETRA III liefern 25 Strahlführungen Röntgenlicht an rund 50 Messplätze.



Im Undulator (links) senden Elektronen (blau) auf einem Slalomkurs intensives Röntgenlicht (orange) aus, das von einer Kristallprobe (Mitte) gestreut wird. Aus dem entstehenden Detektorbild lässt sich die Struktur der untersuchten Probe atomgenau errechnen.

Forschung mit Röntgenlicht

Röntgenlicht ist durch seine kurze Wellenlänge ideal, um Nanostrukturen und Moleküle zu untersuchen. Neben der Werkstoff- und Energieforschung ist das auch für die Medizin hochinteressant:

Die räumliche atomare Struktur von Proteinen bestimmt deren Funktion im Körper. Mit dem Röntgenlicht von PETRA III können Forscher:innen die atomare Struktur von winzigen Proteinkristallen aufklären. Dies dient als Basis für die Entwicklung von neuen Medikamenten, die gezielt und punktgenau dort ansetzen, wo ein Krankheitserreger angreift.

Steckbrief: PETRA III

Länge des Beschleunigers
2304 Meter
Elektronen-Umläufe
130 000 pro Sekunde
Undulator- und Röntgenstrahlführungen
25
Dauer der Lichtblitze
90 billionstel Sekunden (90 ps)
Abstand zwischen zwei Lichtblitzen
16 oder 192 Nanosekunden
Forscher:innen
ca. 3000/Jahr


Die 280 Meter lange Experimentierhalle „Max von Laue“. Auf der Innenseite läuft der PETRA-Beschleuniger. An den tangential nach außen führenden Strahlführungen wird das Röntgenlicht optisch aufbereitet und in die Experimentierstationen geleitet.


Ein solches Beugungsbild (oben) entsteht, wenn Röntgenlicht aus einem Teilchenbeschleuniger von einem Eiweißkristall abgelenkt wird. Aus ihm wird der Aufbau von komplexen Eiweißmolekülen (unten) entschlüsselt.

Forschungsbeispiele

Jeder der PETRA III-Messplätze ist spezialisiert auf eine bestimmte Art von Experimenten. Kann man beispielsweise an der einen Strahlführung mit besonders kurzwelliger Strahlung tief in Materialien eindringen, steht an der anderen ein Roboter, um massenweise Proteinkristalle zu untersuchen, an einer weiteren kann man mit einem besonders kleinen Lichtstrahl von rund 200 Atomgrößen Durchmesser besonders gut inhomogene Proben untersuchen.

Damit ist PETRA III ein universelles Werkzeug, um die Struktur und Funktion der Materie zu entschlüsseln. Denn meist ist die atomare Struktur eines Materials entscheidend für seine Funktion.

Zur Untersuchung von biologischen Proben setzt ein Roboter mit hohem Durchsatz in flüssigem Stickstoff gekühlte Proteinkristalle in die Messstation ein. An dieser PETRA III-Messstation sind so beispielsweise zwei vielversprechende Kandidaten für Corona-Medikamente entdeckt worden.

An PETRA III wird eine neue Generation effizienter und kosten- günstiger Solarzellen erforscht, Fäden aus nachwachsenden Roh- stoffen entwickelt, die stärker sind als Stahl, und die Wanderung von Fetten in Schokolade untersucht.

Mit einem sehr kleinen Lichtfleck wie an dieser Messstation kann man besonders kleine und inhomogene Proben untersuchen. So ließ sich herausfinden, warum bestimmte Lithium-Ionen-Akkus an Kapazität verlieren oder wo sich Umweltgifte in Pflanzen ansiedeln.

PETRA IV – das ultimative 3D-Röntgenmikroskop

Mit dem Ausbauprojekt PETRA IV plant DESY in Hamburg das weltbeste 3D-Röntgenmikroskop. Es soll bis zu hundert Mal mehr Röntgenlicht auf einen Punkt bündeln als PETRA III und so dreidimensionale Strukturbilder vom Millimeterbereich bis zur atomaren Ebene liefern – unter realitätsnahen Bedingungen. Der Industrie könnte PETRA IV helfen, entscheidende Weichen für die Entwicklung neuer Produktionsverfahren und maßgeschneiderter Werkstoffe zu stellen – beispielsweise in der Flugzeug- oder Energietechnik.

Einen virtuellen Rundgang über das DESY-Gelände inklusive PETRA III kannst du auf der Website des DESY unternehmen.

Hier geht es zu unserer Themenseite über die Forschung mit Synchrotronstrahlung.